Fußball News vom: 30.06.2017 - 11:09
Fußball International Nationalmannschaft
U21 EM 2017: Deutschland – Spanien Vorschau & Wettquoten
Bei der U21-Europameisterschaft in Polen haben sich die Spanier frühzeitig als Maß aller Dinge herauskristallisiert. Große Töne werden vor dem Finale dennoch vornehmlich im Lager der deutschen Nationalmannschaft gespuckt.

Der Adrenalinrausch des gewonnenen Elfmeterschießens gegen England scheint so manchem DFB-Spieler auch noch nach Tagen die Sinne zu vernebeln.
Insbesondere Halbfinal-Held Julian Pollersbeck hat sich vor dem Endspiel zu einem Perpetuum mobile der Dampfplauderei entwickelt.
Nachdem der deutschen Nummer 1 nach anfänglichen Startschwierigkeiten gegen die „Three Lions“ ein persönlicher Befreiungsschlag gelang, lässt dieser nun ein ganzes Arsenal an Kampfansagen auf die von den Wettanbietern deutlich favorisierten Spanier niederprasseln.
„Ich freue mich darauf. Dann zeigen wir mal den Spaniern, wie man so ein Finale spielt. Da müssen wir vielleicht ein bisschen deutscher spielen als sonst – denen mal zeigen, wo der Barthel den Most holt“, so Pollersbeck.
Über den Kampf ins Finale finden
Hinter den markigen Worten vermag aber auch Pollersbeck nur unzureichend seinen enormen Respekt vor den Iberern zu verstecken – mit der Ankündigung einer „deutschen Spielweise“ sind in diesem Falle schließlich keine weltmeisterschaftsverdächtigen Kabinettstückchen gemeint.
Vielmehr scheint dem Keeper ein vorübergehender Rückfall in die Ära des Rumpel-Fußballs vorzuschweben, in der es allenfalls mit körperlicher Präsenz gelang, die qualitative Überlegenheit so mancher Kontrahenten zu kaschieren.
Entsprechend zielen die Pläne für das Finale in erster Linie auf Zerstörung ab; so dreht sich in der unmittelbaren Vorbereitung alles um die große Frage, wie sich der Spielfluss der Seleccion möglichst nachhaltig unterbinden lässt:
„Ich weiß nicht, ob der Asensio es so toll findet, wenn ihm immer einer auf den Hacken steht, oder ihm einer richtig Feuer gibt. Dem einen oder anderen mal richtig den Ofen heiß machen, das mögen die Spanier auch nicht, dagegen sind die richtig allergisch, weil sie es nicht gewöhnt sind.“
„Wir wollen uns den Titel auf jeden Fall holen, sind heiß und werden alles dafür geben.“
– Vor dem Finale weiß Maximilian Philipp nur eigentlich Selbstverständliches zu berichten.
Die eine oder andere gepflegte Blutgrätsche zieht auch Kapitän Maximilian Arnold als probates Mittel in Erwägung, wenngleich der Wolfsburger zugleich auch mit spielerischen Mitteln brauchbare Duftmarken zu setzen gedenkt.
„Wir hatten gegen England schon ein gutes Niveau. Wir versuchen, die Spanier zu attackieren und unter Druck zu setzen. Wir müssen auch mal eklig sein, aber eine gute Mischung finden aus gesunder Härte und mit dem Auge spielen“, erklärt Arnold.
Souveränität wird nur von der roten Furie verströmt
Unter dem Strich beschleicht die Zuhörer hier aber das Gefühl, dass es sich bei diesen Aussagen in Wirklichkeit um leise Hilfeschreie handelt; der bisherige Turnierverlauf hat bei den deutschen Spielern offenbar so manchen Zweifel an der eigenen Titeltauglichkeit gesät.
War das Turnier zunächst mit einem mühevollen 2:0-Erfolg gegen Tschechien eröffnet worden, bekam nur das folgende 3:0 gegen Dänemark eine nahezu tadellose Leistung zu sehen – bevor dann schon gegen Italien die Zeit des bloßen Durchmogelns begann.
Foto: Deutschlands Maximilian Arnold (vorne), Felix Platte (M) und Yannick Gerhardt jubeln über den Halbfinal-Sieg im Elfmeterschießen über England – und damit über den Einzug ins Finale der bei der U21-EM. (Credit: Thomas Eisenhuth / dpa Picture Alliance / picturedesk.com)
Infolge der erlittenen 0:1-Schlappe gegen eine dominante Squadra Azzurra mussten die deutschen Kicker in der Endabrechnung von ihrem Torverhältnis zehren; lediglich mit einem hauchdünnen Vorsprung konnten hier die erbosten Slowaken ausgestochen werden.
Im Halbfinale gegen England hatte die deutsche Nationalmannschaft dann zwar vor seinen überlegenen konditionellen Grundlagen profitiert – auch am Dienstag fehlte es jedoch an fußballerischen Mitteln, um innerhalb der 120-minütigen Spielzeit eine Entscheidung herbeizuführen.
Musste sich die Mannschaft von Stefan Kuntz somit über das Elfmeterschießen ins Endspiel zittern, war der Finaleinzug der Spanier von ungleich größerer Souveränität geprägt: Die kurz zuvor über Deutschland triumphierenden Italiener wurden mit einem glatten 3:1-Erfolg nach Hause geschickt.
Spanien strotzt vor Zuversicht
Mit dem verdienten Sieg gegen den Mitfavoriten konnte La Furia Roja den bereits in der Vorrunde erworbenen Ruf der Unantastbarkeit abermals bestätigen; schon in der ersten Turnierwoche waren die Spanier gegen durchaus nennenswerte Konkurrenz zum Gruppensieg geschwebt.
Mit dem beim 5:0 gegen Mazedonien aufgenommenen Schwung walzte das Team prompt auch gegen die andernorts gefürchteten Portugiesen hinweg (3:1) – womit das von einer reinen B-Elf verantwortete 1:0 gegen Serbien lediglich noch statistische Relevanz besaß.
Video: Die deutsche U21-Auswahl ist heiß auf das Endspiel gegen Spanien – wie etwa Angreifer Maximilian Philipp. (Quelle: YouTube/SPOX)
Bislang haben die Spanier somit einen derart federleichten Eindruck hinterlassen, dass Trainer Albert Celades bereits glaubt, daran erinnern zu müssen, dass auch der Erfolg des Favoriten das Ergebnis von richtig harter Arbeit ist:
„Ich will nicht langweilig sein, aber wir mussten viel investieren bisher und die Spieler wissen das. Bei aller Aufregung außerhalb bleibe ich ruhig, weil ich weiß, dass auch meine Spieler verinnerlicht haben, dass sie erneut 100 Prozent geben müssen, um erfolgreich zu sein.“
Innerhalb der jungen Mannschaft ist derweil längst die Überzeugung zu verspüren, der einzig würdige Europameister zu sein; auch Gerard Delofeu malt sich die als nahezu zwangsläufig erachtete Krönung bereits in den schillerndsten Farben aus: „Ich bin stolz auf das bisher Geleistete, hatte viele Tore und Siege, aber ich bin sicher, dass der Höhepunkt am morgigen Freitag kommt. Wir sind hier, um zu gewinnen und den Pokal in die Höhe zu stemmen.“
Selke ist angeschlagen
Der Optimismus auf spanischer Seite wird nicht zuletzt von der hervorragenden Personalsituation gestützt – während man im deutschen Lager gleich um die Mitwirkung mehrerer wichtiger Leistungsträger bangen muss.
Mit Davie Selke droht etwa der bislang beste Torschütze des DFB-Teams den entscheidenden Termin in Krakau zu verpassen; von dem im Halbfinale erlittenen Kapselverletzung hat sich der Leipziger noch immer nicht restlos erholt.
Trainer Stefan Kuntz ist trotzdem nicht bereit, den Stürmer vorschnell aus seinen Überlegungen zu streichen; selbst kleine medizinische Fortschritte nähern die Hoffnung, dass es im Endspiel möglicherweise wenigstens zu einem Joker-Einsatz reicht: „Er hat einen komischen Schlag auf den Fuß bekommen, daher ist die Diagnose nicht so einfach.“
Wirklich vielversprechend scheinen die Aussichten nichtsdestotrotz nur für Abwehrchef Niklas Stark zu stehen, der gegen England noch kurzfristig hatte passen müssen: Die Vorzeichen lassen darauf hoffen, dass sich am heutigen Abend auch der Ersatz-Kapitän den Spaniern entgegenstemmen kann.